Abstrakte Darstellung einer leuchtenden Glühbirne vor grünem Hintergrund, Symbolbild

„Al-Quds“-Demonstrationen in Frankfurt am Main

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Am 30. April 2022 fand die siebte antisemitische Al-Quds-Demonstration in Frankfurt am Main seit 2015 statt. Sie war in diesem Jahr die deutschlandweit einzige, die aus einem schiitisch extremistischen Spektrum heraus organisiert wurde und einen eindeutigen Bezug zum Al-Quds-Tag und dessen antisemitischen Hintergrund aufwies. Bemerkenswert war eine rege Beteiligung von Demonstranten aus dem europäischen Ausland und die Teilnahme von zahlreichen Familien.

Ideologischer Hintergrund

Der internationale „Al-Quds“-Tag wurde 1979 vom iranischen Revolutionsführer Ruhollah Musawi Khomeini als ein „Tag [zur Befreiung] der Heiligen [Stadt Jerusalem] von zionistischer Besatzung“ ins Leben gerufen. „Al Quds“ bedeutet übersetzt „die Heilige“ und ist die arabische Bezeichnung für die Stadt Jerusalem. Ziel des „Al-Quds“-Tages, der am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan begangen wird, ist eine weltweite Mobilisierung für die Eroberung und vollständige Herrschaft über Jerusalem durch den Islam.

Demonstrationsverlauf

An der Demonstration nahmen im April 2022 etwa 360 Personen aller Altersklassen teil. Im Demonstrationszug liefen Männer und Frauen, wie auch in den Vorjahren zu beobachten, getrennt voneinander. Auffallend war in diesem Jahr, neben einer Beteiligung von zahlreichen Jugendlichen, auch eine starke Beteiligung von Familien, die ihre Klein- und Kleinstkinder mitgebracht hatten. Dies prägte den Gesamteindruck der Demonstration als generationsübergreifende Veranstaltung und legt nahe, dass diese sichtbare Israelfeindschaft von einer Generation an die nächste weitergegeben wird.

Die ideologische Nähe zum Al-Quds-Tag und dem iranischen Regime wurde durch (türkischsprachige) Plakate sowie großformatige Bilder der iranischen Revolutionsführer Khomeini und Khamenei an der Zugspitze belegt. Im Demonstrationszug wurden u.a. Parolen wie „Stoppt Israels Apartheid!“ und „Keine Waffen an Zionisten, denn Zionisten sind Terroristen!“ skandiert.

Die Frankfurter Demonstrationszüge werden seit 2015 überwiegend von türkisch- und kurdischstämmigen Schiiten getragen. Die Anmeldung und Durchführung wurde auch in diesem Jahr wieder von Akteuren aus dem schiitischen extremistischen Spektrum aus dem Rhein-Main-Gebiet vorgenommen, die offen mit dem iranischen Regime sympathisieren. Zudem stehen sie seit vielen Jahren mit einer niederländischen proiranischen schiitischen Vereinigung in enger Verbindung, die auch in diesem Jahr zahlreiche niederländische Demonstranten mobilisieren konnte.

Thematische Schwerpunktsetzungen seit 2015

Anhand der Themensetzung in den Redebeiträgen auf den Abschlusskundgebungen lässt sich über die Jahre eine Verschiebung weg vom offenen Islamismus über Verschwörungserzählungen hin zu einem Versuch, Anschluss an aktuelle postkoloniale linke Diskurse zu finden, beobachten.

Im Jahr 2015 skandierten die Demonstranten beispielsweise noch (türkischsprachige) Parolen wie „Kindermörder Israel, raus aus Palästina!“ oder „Mit der Hizb Allah Schulter an Schulter“. In einem der (türkischsprachigen) Redebeiträge auf der Abschlusskundgebung hieß es: „Ich möchte den Kräften, die herrschen, und die sich für etwas Besseres halten, etwas sagen. Von hier aus geben wir bekannt, dass sie uns durch das Töten und Vergießen unseres Bluts nicht abschrecken können. Wir werden existieren, solange sie unser Blut vergießen und werden sie schließlich in unserem Blut ertränken.“

Auf der Abschlusskundgebung 2019 vor der Alten Oper Frankfurt bezeichnete ein Redner den „weltweiten Zionismus“ als „die Wurzel aller Ungerechtigkeit in der heutigen Welt“. Um die Unterdrückungen auf der Welt zu beenden, müsse diese Wurzel „herausgerissen werden“ - ein Aufruf zu Beseitigung Israels.

Auf der diesjährigen Abschlusskundgebung bezeichnete ein Redner den Staat Israel mehrfach als „Verbrecher“ und unter Verweis auf einen Bericht von Amnesty International als „Apartheitsstaat“, dessen Exekutive brutal gegen die palästinensische Zivilgesellschaft vorgehe, um diese zu unterwerfen. Hier wird versucht, an postkoloniale linke Diskurse anzuknüpfen. Die im Redebeitrag gezeigte Dämonisierung und Delegitimierung Israels, auch in der Beurteilung staatlichen israelischen Handelns, legen eine antisemitische Grundhaltung nahe.

Mediale Aufbereitung der Demonstration in regimenahen Medien

Der Demonstrationszug wurde auch in diesem Jahr in mehreren (meist türkischsprachigen) Videos und Reportagen in verschiedenen sozialen Medien und Webseiten dokumentiert. Die Demonstration wurde beispielsweise auf dem Videokanal von parstoday, dem auch als „Stimme der Islamischen Republik Iran“ bekannten offiziellen Sender des iranischen Regimes, thematisiert. Ein anderes Video des Demonstrationszuges wurde mit einem Gesang zu Ehren des ehemaligen Kommandeurs der iranischen Al-Quds-Brigaden, Qassem Soleimani, der vom iranischen Regime als „Märtyrer“ verklärt wird, unterlegt und knüpft damit an iranische Propaganda an.

Frankfurt am Main als langjähriger Austragungsort der antisemitischen Demonstration

Nachdem sich die Frankfurter Al-Quds-Demonstrationen seit 2015 nunmehr etabliert haben, bleibt zu beobachten, ob sich der bundesweite Schwerpunkt des antisemitischen Demonstrationsgeschehens künftig nach Frankfurt verlagern wird.

Das LfV Hessen warnt vor den Frankfurter Al-Quds-Demonstrationen als einem offen sichtbaren Zeichen des israelbezogenen Antisemitismus. Wer eine solche Veranstaltung ausrichtet oder an dieser teilnimmt, solidarisiert sich mit den Bestrebungen des iranischen Regimes, den Staat Israel zu vernichten.

Stand: 15.09.2022


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